BUND Bezirksgruppe Schönberg

Kommunale Ökokonten

Das Ökokonto - am Beispiel Sölden

Viele der Gemeinden rings um den Schönberg herum führen bereits ein baurechtliches Ökokonto, oder sie überlegen, eines einzurichten. Ein solches kommunales Ökokonto ist für die Öffentlichkeit leider noch nicht leicht zugänglich. Dagegen können naturschutzrechtliche Maßnahmen im Kompensationsverzeichnis der LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden Württemberg) eingesehen werden. Werden baurechtliche Ökokontomaßnahmen geplant, werden sie im Gesamtpaket „Ökokonto“ vom Gemeinderat verabschiedet, von der Unteren Naturschutzbehörde genehmigt - und verschwinden dann meist in einer Schublade im Rathaus. Bis ein Bauträger winkt.

Ein solches Ökokonto der Gemeinde kann quasi der „Bevorratung“ von Naturschutz-Maßnahmen dienen, die bei Bauvorhaben im Innenbereich als Ausgleichsmaßnahmen dienen können, also z.B. bei einem Eingriff in die unbebaute Landschaft am Ortsrand für ein Neubaugebiet. Das scheint zunächst vernünftig und naturfreundlich zu sein, da wir uns vorstellen wollen, dass - nachdem eine Grünfläche zubetoniert oder asphaltiert wurde - der Natur wieder etwas „zurückgegeben“ werden könnte. Doch was? Und woher nehmen? Bei näherem Hinsehen wird klar, dass in der Praxis als Ausgleich immer wieder fragwürdige oder gar sinnlose Ökokonto-Maßnahmen durchgeführt werden, nur um Ökopunkte zu verbuchen. Manche Maßnahmen stehen nur auf dem „Papier“, werden auch nach Bauabschluss nicht umgesetzt und andere werden nicht, wie vorgeschrieben, langfristig gepflegt und verlieren deshalb ihren ökologisch Wert – auch um die Folgekosten der Ökokonto-Maßnahmen einzusparen. Die Ausgleichslügen geraten schnell in Vergessenheit. Es gibt bislang keine wirksame kommunale oder staatliche Kontrollinstitution für das Instrument baurechtliches Ökokonto.

Erlenwald Sölden  (Ursula Preuss / BUND)

Dass es interessant ist, sich die gemeindeeigenen, baurechtlichen Ökokonten genauer anzuschauen, zeigt das Beispiel Sölden. Dort sollte als Ausgleich für den Bau des Lebensmittelmarkts Edeka und für das Baugebiet Neue Breite ein ganz besonderes Flurstück im Wald ökologisch veredelt werden, nämlich die alte Müllkippe von Sölden, auf der nach einer Abdeckung der Deponie mit Erdaushub heute ein stattlicher Erlenwald steht. Dieser sollte nun als Ökokonto-Maßnahme zu einem „Erlenbruchwald“ entwickelt werden, einer hochwertvollen, seltenen Feuchtwaldgesellschaft, also einem permanent nassen, sumpfigen Wald. Dass dies ohne ausreichendes Wasservorkommen und in Hanglage leider nicht realisiert werden kann, wollte keiner wissen. Und so wurde die Maßnahme mit 218.000 Ökopunkten bewertet und diente offiziell der Gemeinde als Ausgleich für ihre Bauvorhaben.

Baustelle Einkaufsmarkt Sölden  (Ursula Preuss / BUND)

Allein durch kritisches Hinterfragen der Ökokonto-Maßnahmen durch BUND-aktive Söldener Bürger:innen kam es überhaupt ans Licht, dass hier doch Einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Nach der Anerkennung der Kritikpunkte durch die Naturschutzbehörde hat Sölden nun eine große „Ausgleichslücke“ zu schließen, durch welche die Bauprojekte Edeka und Obere Breite wegen fehlender 218.000 Ökopunkte bis heute (Stand Februar 2022) nicht ausgeglichen sind. Das heißt, zwei Jahre nach dem Edeka-Spatenstich ist die unwiderrufliche Bebauung des einst im Landschaftsschutzgebiet gelegenen, fruchtbaren, landwirtschaftlich genutzten Grundstücks besiegelt, aber der Gemeinde fehlt bis heute eine Ausgleichsmaßnahme, mit der der Eingriff vollständig und korrekt kompensiert werden kann. Wir hoffen, dass wir bald Neues erfahren und berichten können.

Sölden ist sicher kein Einzelfall.

Wir sehen daher die Notwendigkeit, dass in jedem Ort sich wache, naturschutzengagierte Bürger:innen des Themas Ökokonto vor Ort annehmen, da sonst die letzten Chancen, dass Ökokonto-Maßnahmen der Natur wirklich zu Gute kommen, ungenutzt bleiben und stattdessen der Flächenfraß rund um den Schönberg ungebremst weitergeht.
Falls auch in deiner/Ihrer am Schönberg gelegenen Gemeinde ein „Ökokonto-Fall“ aufgedeckt wird, bitten wir euch/Sie, mit uns Kontakt aufzunehmen.