BUND Bezirksgruppe Schönberg

Stellungnahme zur 3. punktuellen Änderung des Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Hexental für den Bereich „Lebensmittelmarkt“ in der Gemeinde Sölden

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Regionalverband Südlicher Oberrhein, Wilhelmstraße 24 a, 79098 Freiburg

Kontakt: Dr. Frank Baum, Weiherweg 13, 79219 Staufen, Tel.: 07633/6576, Mail: fr.baum(at)gmx.de

den 26.11.2017

Wir möchten zunächst auf unsere Stellungnahme vom 23.08.2016 verweisen, der unsere Argumente gegen das Vorhaben zu entnehmen sind („Im Hexental droht eine schwere Bausünde – 10 Punkte gegen einen EDEKA-Markt auf der grünen Wiese“)

Unsere Argumente gelten weiterhin, auch wenn die derzeitige Offenlage Ansätze für eine geänderte Planung erkennen lässt. Im Rahmen der neuerlichen öffentlichen Auslegung werden wiederum Gutachten, Untersuchungen, Datenblätter und Pläne vorgelegt. Wir äußern uns im Folgenden zu einigen dieser Papiere.

(1) „Prognose der Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die Landschaftsschutzgebiete“

Die Tatsache, dass der bisher favorisierte Standort für den Markt (S 6) im Landschaftsschutzgebiet Schönberg liegt, war für die Naturschutzverbände von Anfang an ein Grund zur Kritik. Insofern begrüßen wir die vorgelegte Prognose, die die Folgen des Vorhabens auf Landschaft und Landschaftsschutzgebiet untersuchen soll. Wir begrüßen auch, dass bei der Untersuchung nicht nur die Standorte S6 und S7 untersucht werden („Tormatten“ und „Bolzplatz“), sondern auch S8 (innerörtliche Freifläche in Sölden) sowie W12 (am östlichen Ortsrand von Wittnau). Die beiden letzteren Standorte liegen nicht im LSG und nicht im Außenbereich, so dass sie mit landesplanerischen Vorstellungen eher in Einklang zu bringen sind. Die Stellungnahme vom 23.08.2016 ist auf der Website des BUND-Regionalverbandes zu finden („BUND Freiburg Edeka  Sölden“). Wir möchten in diesem Zusammenhang auch noch einmal unsere Position verdeutlichen, wonach wir für die Grundversorgung beider Ortschaften einen kleineren Markt für ausreichend erachten, der dann auch mit geringerem Flächenbedarf und geringerem Eingriff in die Landschaft realisiert werden könnte. Ebenso möchten wir nochmals darauf hinweisen, dass ein Lebensmittelmarkt in Sölden/Wittnau nicht die Aufgabe hat, den überörtlichen Bedarf (etwa der durchfahrenden Menschen) zu decken; dafür bieten sich die vorhandenen großflächigen Märkte in Merzhausen und Ehrenkirchen an. Insofern ist auch eine Lage direkt an der L122 in Sölden oder Wittnau keine Standortvoraussetzung für den Markt.

Bei der Durchsicht der Prognose sind uns die folgenden Punkte aufgefallen:

Unter „Punkt 3. Gesetzliche Grundlagen“ wird aus dem Bundesnaturschutzgesetz zum Thema Natur und Landschaft zitiert (§ 1 und 14). Es folgt dann § 26 BNatSchG „Landschaftsschutzgebiete“, allerdings unter Weglassung der wichtigen Punkte Absatz (1) Satz 3 sowie Absatz (2), in Rot markiert:§ 26 (1) Landschaftsschutzgebiete sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist …...3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.(2) In einem Landschaftsschutzgebiet sind unter besonderer Beachtung des § 5 Absatz 1 und nach Maßgabe näherer Bestimmungen alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen. Diese gesetzlichen Vorgaben zum Schutz von Landschaftsschutzgebieten sind im Hinblick auf das Thema der Prognose von erheblicher Bedeutung und dürfen nicht unter den Tisch fallen.

Zu Punkt 4: "Untersuchungsraum" In diesem Abschnitt werden für die Untersuchung zunächst nur zwei Wanderwege (Bettlerpfad und Hexental-Rundweg) festgelegt, „von denen aus das Vorhaben potenziell noch als störend wahrgenommen werden kann“. Kartenmäßig sind diese Wege auf Karte Nr. 8 dargestellt. Diese Vorgehensweise überrascht, da doch weitaus mehr Menschen den Raum von der  L122 aus - und dadurch in direkter Angrenzung zum Standort S 6 – wahrnehmen. Die beiden Wanderwege liegen dagegen weit ab und sind naturgemäß geringer frequentiert. Die L122 verläuft östlich von Sölden in Richtung Wittnau, parallel dazu auch ein Fuß- und Radweg. Diese Verkehrswege werden intensiv von KFZ, von Radfahrern und Fußgängern (mit und ohne Hund) sowie von Joggern genutzt. Der Blick von dieser Verkehrsachse aus - bisher eine besonders reizvolle und nicht verbaute Sichtverbindung zum Schönberg - würde künftig von dem nahe gelegenen Markt dominiert.

Zu Punkt 6: Prognose der Auswirkungen auf das Landschaftsbild, Auswirkungen auf den Nahbereich; Standort S6: „Die Ortsrandsilhouette wird deutlich verändert und beeinträchtigt“. Wir würden anders gewichten: „Der Blick zum Schönbergmassiv über die freie Landschaft hin wird verbaut und massiv beeinträchtigt“. Die Auswirkungen sind u. E. „hoch/erheblich“ statt „mittel“. Auswirkungen auf den Nahbereich; Standort S7 (Bolzplatz): Wir stimmen damit überein, dass „durch … die Senkenlage das Vorhaben von außen kaum wahrnehmbar ist“. In Bezugauf das Landschaftsbild halten wir den Standort „Bolzplatz“ für weniger problematisch, obwohl die Fläche randlich im LSG liegt. Allerdings finden wir hier zum ersten Mal den Hinweis auf eine angedachte Verlegung des Bolzplatzes auf die Fläche „Obere Tormatten“ (Standort S6) – quasi ein Flächentausch Bolzplatz / Lebensmittelmarkt. Das führt nun wiederum zu erheblicher Kollision mit dem Landschaftsschutz, zumal dann, wenn eine bestehende, bescheidene „Kickfläche in einen „Sportplatz mit Vereinsheim“ etc. umgewandelt werden soll. Ein solches Vorhaben wäre wiederum mit der Zielsetzung des LSG nicht vereinbar. Auswirkungen auf den Nahbereich, Standorte S8 und W12: wir stimmen der Beurteilung zu. Auswirkungen im Fernbereich, Standort S6 (Tormatten):Hier wird geprüft, inwieweit das Vorhaben von einigen ausgewählten Standpunkten an den beiden Wanderwegen aus (bereits unter Punkt 4 des Papiers vorgestellt, s.o.) als störend wahrgenommen werden kann. Über diese an wenigen Punkten festgemachten Ergebnisse hinaus muss darauf hingewiesen werden, dass das Vorhaben von vielen Stellen des Schönberggebietes aus gesehen werden könnte, wahrscheinlich auch vom Gipfelbereich. Da in der gesamten harmonischen Hexental-Landschaft kaum ein Objekt ähnlicher Größe und ähnlich isolierter Einzellage existiert, würde es deutlich wahrgenommen werden. Besonders hinweisen wollen wir auf den nördlich von Sölden gelegenen, viel frequentierten Wander- und Erholungsweg, der am Waldrand des Schönberggipfels Richtung Wittnau und weiter Richtung Freiburg verläuft (ca.100 m oberhalb der Berghauser Kapelle und K 4953). Die Ausflügler nutzen diesen Weg nicht nur zum Spazierengehen, sondern auch zum erholsamen Verweilen auf den Berghauser Matten mit sehr schönem Blick in das beschauliche Hexental hinein (die fragliche Stelle ist von dort aus sehr gut zu sehen) und auf den gegenüberliegenden Schwarzwald. Wir halten daher die Auswirkungen im Fernbereich für erheblich. Die auf S. 17 angeführten Maßnahmen zur Vermeidung und Minimierung mit dem Ziel einer landschaftsverträglicheren Gestaltung halten wir für nicht geeignet, den Landschaftsschaden zu neutralisieren; Das Problem ist der große Baukörper in der freien Landschaft mit den zugehörigen Eingriffen (Parkplatz, Zufahrtsstraße etc.).Auswirkungen im Fernbereich, Standorte S7, S8 und W12: wir stimmen der Beurteilung zu.  6.2: Auswirkungen auf die Landschaftsschutzgbiete: Wie eingangs angeführt, ist die Tatsache, dass der Standort S6 im LSG liegt, ein wesentlicher Kritikpunkt an der Planung. Es wirkt nun ärgerlich und geradezu peinlich, wie versucht wird, wider besseres Wissen die Beeinträchtigung des LSG durch das Vorhaben klein-zureden. Dazu folgende Beispiele:„Der Standort liegt im östlichen Randgebiet des LSG, wobei eine Wirtschaftswiese/Fettwiese betroffen ist, die botanisch kein besonderes Artenspektrum aufweist.“ – Diese Wirtschaftswiese ist Teil eines besonders markanten Landschaftsbereiches des Hexentales mit ungestörtem Blick zum Schönberg wie auch zum Schwarzwald, und das ist Grund genug für die Unterschutzstellung. Botanische Besonderheiten sind dafür nicht Voraussetzung. Im Übrigen  sollte jede Gemeinde heute froh sein, wenn sie noch an eine wiesen- und blumenreiche Landschaft grenzt.„Das LSG besitzt eine Größe von rund 1.530 ha, davon betroffen sind durch das Vorhabenrund 0,533 ha, das sind ca. 0.03 % des Gesamtgebietes.“ - Diese 0,5 ha umfassen nur die überbaute, also „verbrauchte“ Fläche, das Landschaftsbild ist aber in sehr viel größerem Umfang gestört, wie auch in der Prognose richtig dargelegt wird.„Der Standort besitzt keine Erholungsfunktion und keinen Schutzstatus.“ - Diese Aussage ist sachlich schlechterdings falsch und irreführend. Die gesamte Landschaft des Hexentales ist Erholungslandschaft für den Großraum Freiburg, und der Bereich zwischen Sölden und Wittnau gehört zum geschützten Kerngebiet dieser Erholungslandschaft. Sie ist Teil des Naturparks Südschwarzwald, archäologisches Denkmal und vor allem Landschaftsschutz-gebiet (ist das etwa kein Schutzstatus? Hat da jemand etwas nicht begriffen oder sollen wir veralbert werden?). „Das Landschaftsbild wird im Nah- und Fernbereich verändert, die Auswirkungen sind bedingt störend wahrnehmbar.“ - Unterschiedliche Menschen nehmen Landschaften auch unterschiedlich wahr, aber es gibt objektive Kriterien für die „Schönheit“ einer Landschaft, ebenso dafür, wie Störungen zu beurteilen sind. Landschaftsplaner sollten das besonders gut und objektiv einschätzen können.

(2) Zufahrt S7 und Kanalverlegung –

Ermittlung der Mehrkosten Bei dieser Kostenermittlung handelt es sich wahrscheinlich um eine erste, grobe Abschätzung. Für Nicht-Insider sind die Zahlen schwer zu interpretieren. Zudem fehlen Angaben über die geschätzten Gesamtkosten für den Markt am Standort S7. Eine solche Zahl wäre, zusammen mit den geschätzten Gesamtkosten für den Standort S 6, zur Bewertung eventueller Mehrkosten zwingend erforderlich. Darüber hinaus wäre auch eine Aussage darüber wichtig, wer für die Mehrkosten aufzukommen hat, die Gemeinde oder der Betreiber/Investor des Marktes? An dieser Stelle sei auch generell darauf hingewiesen, dass - so weit uns bekannt ist – bisher Angaben über die Gesamtkosten des Vorhabens, insbesondere über die Höhe des Anteils, der auf die Gemeinde entfällt, für die Öffentlichkeit fehlen. Die Offenlegung dieser Zahlen wäre sicherlich auch für die Bevölkerung von Bedeutung.5

(3) Kostenschätzung Verlegung Sportanlage Sölden

Bei dieser Kostenschätzung ergeben sich für uns ähnliche Frage wie beim obigen Punkt (2):z.B. wer würde für diese Kosten (geschätzte Gesamtkosten € 190.000,-) aufkommen sollen bzw. müssen? Die Gemeinde oder der Betreiber? Darüber hinaus ergeben sich weitere, grundsätzliche Fragen: Wie oben schon erwähnt, sind wir verwundert von der Idee des Quasi-Flächentausches Edeka-Markt gegen Bolzplatz (jetzt„Sportanlage“, 40 x 60 m). Auf der Planskizze, die der Kostenschätzung angehängt ist, heißtes ja sogar „Verlegung Fußball- und Basketballplatz“ mit Parkplätzen, Erschließungsstraße(Asphalt), Sportrasen etc. Wir lehnen diese Idee ausdrücklich ab, weil auch sie zu einem deutlichen Eingriff in das LSG führen würde.

(4) „Bebaubarkeit des Bolzplatzes der Gemeinde Sölden“

Diese Kurzinfo in Form eines Einzelblattes durch das Ingenieurbüro wirft die selben Fragen auf wie die Papiere unter (2) und (3), nämlich: Wer trägt die Kosten der Sondergründungsmaßnahmen in Höhe von € 50.000.- bis 100.000,- („grobe Abschätzung“). Ansonsten ist die Aussage „ Eine Bebauung ist u.E. grundsätzlich möglich“ von besonderer Bedeutung.

Fazit:(1) Der Standort „Obere Tormatten“ (S6) liegt im Landschaftsschutzgebiet und ist dadurch für Eingriffe der geplanten Größenordnung tabu. Wir konnten auch der „Prognose der Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die Landschaftsschutzgebiete“ keine überzeugenden Argumente entnehmen, weshalb der Lebensmittelmarkt in diesem sensiblen Bereich gebaut werden könnte.

(2) Wir plädieren zum wiederholten Mal dafür, für Sölden und Wittnau möglichst eine gemeinsame Lösung zu suchen, die die Grundversorgung der Bewohner qualitativ und quantitativ sichert, die Grundsätze der Landesplanung respektiert (z.B. „Innenentwicklung statt Außenentwicklung“, „Kein Einkaufsmarkt auf der grünen Wiese“, „keine Bebauung in Schutzgebieten“, „behutsame Entwicklung insbesondere in Gemeinden mit Eigenentwicklung“) und mindestens für eine Ortschaft auch gute fußläufige Erreichbarkeit beinhaltet.

(3) Die Unterlagen zur aktuellen Offenlage enthalten gewisse Hinweise auf andere Möglichkeiten im Hinblick auf Standort und Konzeption. Wir sind der Meinung, dass darüber nochmals intensiv nachgedacht werden sollte, um eine verträgliche und allseits akzeptierbare Lösung zu finden. Schließlich verfügt der Investor ja bereits heute bei Markt-Projekten unterschiedlicher Größe über vielfältige Erfahrungen, nach unserer Kenntnis überwiegend positive. Vielleicht lässt sich daraus auch für Sölden eine adäquate Lösung finden.

Verteiler (teils Einzelzusendung):

Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Poststelle Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald, Untere Naturschutzbehörde, Verwaltungsgemeinschaft Hexental, Gemeinde Sölde, Josef Ruf („Beckesepp“), Regionalverband Südlicher Oberrhein, Regierungspräsidium Freiburg, Abteilungen 2 und 5, Naturpark Südschwarzwald, Presse